Weithin unbemerkt hat eine neue Vorschrift Einzug in das AGB-Recht gehalten, die ab dem 1. Oktober 2016 zum Beispiel über Internet geschlossene Verträge auch online kündbar macht. Selbst wenn der zu kündigende Vertrag für die Kündigung ausdrücklich Schriftform vorsieht, ist diese Vereinbarung als AGB-Klausel nicht mehr zu beachten (§ 309 Nr. 13 b BGB in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts vom 17. Februar 2016, BGBl. I 2016 Nr. 8, S. 233). Entgegen einer solchen formularmäßigen Vereinbarung ausreichend ist dann die so genannte „Textform“ (§ 126 b BGB); will sagen: Eine Kündigung per E-Mail oder per Fax reicht dann zum Beispiel aus.
Aber Vorsicht: Diese neue Kündigungsregel gilt nicht für Wohnraummietverträge. Denn hier ist die Schriftform einer Kündigung gesetzlich vorgeschrieben. Sie muss deshalb auch eingehalten werden (§ 568 Abs. 1 BGB). Die Vorschrift gilt sowohl für die Kündigung des Vermieters als auch für die Kündigung des Mieters. (Blank, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 568 BGB Rn. 5 am Ende). Für Rechtsgeschäfte bedingt der Verstoß gegen eine gesetzlich vorgesehene (Schrift-)form die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (§ 125 Satz 1 BGB). Das gilt im Zweifel bei Rechtsgeschäften auch für die vertraglich vereinbarte (Schrift-)form. Es liegt nahe, diesen Rechtsgedanken auch auf einseitige Anzeigen und Erklärungen innerhalb des Vertragsvollzugs zu übertragen.Genau wie bisher gilt daher im Wohnungsmietrecht: Wird die Schriftform missachtet, so ist die Kündigung unwirksam (Blank, a. a. O., Rn. 6). Deshalb bleibt es notwendig, die Kündigung schriftlich zu erstellen und mit einer persönlichen handschriftlichen Unterschrift oder einem notariell beglaubigten Handzeichen zu versehen (§§ 126, 126 a BGB). Wie bisher muss die Kündigung weiter auch verschickt oder persönlich übergeben werden. Insbesondere muss sie dem Adressaten, also den Kündigungsempfänger, zugehen, um wirksam zu werden (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein Fax oder eine E-Mail genügen also nicht.
Und schließlich ist entscheidend: Der Gesetzgeber motiviert die neue Regel damit, dass bei der schnellen Bindung an Online-Geschäfte für den Verbraucher auch eine ebenso schnelle und unkomplizierte Lösung vom Vertrag gewährleistet werden soll. Für die Kündigung, aber auch für alle anderen einseitigen Anzeigen und Erklärungen des Verbrauchers innerhalb des Vertragsverhältnisses, soll es dann keine wirksam vereinbarte Schriftform mehr geben dürfen, die für ihn die Abgabe derartiger Anzeigen und Erklärungen verkompliziert (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/4631 vom 15.4.2015, S. 18). Tritt der Zweck einer weit gefassten Vorschrift aber hinter ihrem Wortlaut zurück, dann muss sie in ihrem Anwendungsbereich durch Auslegung reduziert werden (teleologische Reduktion). Mietverhältnisse fallen dann aus ihrem Anwendungsbereich heraus. Denn sie werden üblicherweise nicht im Internet online und schon gar nicht durch bloßes Anklicken eines „Bestell-Buttoms“ abgeschlossen. Auch nach dem 1. Oktober 2016 bleibt deshalb im Wohnungsmietrecht für Kündigungen alles beim Alten.
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen